Das Doppelhaus mit dem Krüppelwalmdach ist die alte ehemalige Klostermühle. Der Mühlenkomplex teilt sich auf: Vorne, am Mühlenbach gelegen, die alte Kornmühle. Direkt dahinter – Haus mit Schornsteinen – ist das Wohnhaus. Links neben dem Doppelhaus befindet sich die Sägemühle (große Dachfläche). Zwischen der Sägemühle und der Kornmühle zieht sich der Mühlengraben (Betriebsgraben), der das dortige Wasserrad antreibt.

Bild: 1922-1925 

 

 

Rückseite der Klostermühle - Teil eines Gemäldes von Ernst Sitte um 1900.

 

 

 

Fortsetzung:

1682 war wieder ein Neubau  nötig. Um 1720 kam es zur Einführung des Mühlenzwangs. Danach durften die Amtsuntertanen nur noch auf der ehemaligen Klostermühle, der Plattenmühle (heute Herforder Str. 172) und der Krummen Mühle in Rehme-Niederbecksen, die auch schon 1262 bestand, ihr Korn mahlen lassen. 1745 wird die Klostermühle als "Königliche Wassermühle" bezeichnet, die zwei oberschlächtige und ein unterschlächtiges Wasserrad besaß. Besonders großen Schaden richtete ein Gewitter mit Starkregen in der Nacht vom 2. zum 3. Juli 1769 an. Der Forellenbach riss nicht nur die Brücke in der Weserstraße mit dem Stauwerk fort, sondern auch den größten Teil der massiv gebauten Mühle aus ihrem Fundament.

Am 2. Februar 1773 schloss die Königlich Ravensbergische Kriegs- und Domänenkammer einen Kontrakt mit dem Müller Adolf Heinrich Oedening aus Stadthagen ab, nach welchem ihm die Vlothoer Amtsmühle (ehemalige Klostermühle) für ein Erbstandsgeld von 705 Thalern Gold und einem jährlichen Kanon [jährliche Steuer] von 571 Thalern und 22 Gutegroschen in Erbbacht übertragen wurde. Ein starkes Hochwasser im Jahre 1774 legte die Mühle wieder für längere Zeit still.  Nach Einführung der Gewerbefreiheit erwarb 1809 der Müller Rennert durch Heirat die Kornmühle, der er 1825 noch eine Ölmühle anfügte. 1843 kaufte der Kaufmann Arnold Hildebrand diese Mühle mit noch anderen Grundstücken für 6800 Thaler. Arnold Hildebrandt gehörte gemäß des Amts-Blattes der Königlichen Regierung zu Minden 1852 zu den 60 höchstbesteuerten Personen im Wahlbezirk der Kreise Minden, Lübbecke, Herford, Bielefeld und Halle an (Platz 57) und war somit einer der wohlhabendsten Personen dieser Region. Am 30. Dezember 1863 fiel die Mühle als Erbteil dem Vlothoer Sanitätsrat Dr. Voß zu, welcher sie darauf an

 

 

Todesanzeige im

Anzeigeblatt

für  Vlotho und Umgebung

 No. 59, vom 24. Juli 1917, 27. Jahrgang

Druck und Verlag:  Robert Thorein

 

 

Detailausschnitt Lageplan 1922 von Mühle (M) und Sägewerk (S) Vogt mit Zulauf des Betriebsgrabens zum Mühlrad und Abführung des Wassers über die Abschlagsschleuse und den Bullerbach zum Mühlenbach.

Signatur LAV NRW OWL M 1 III E Nr. 1583

 

den Müller Franz Koch für 18.000 Mark verkaufte. Dann folgte 1880 Hermann Heinrich Niederschachtsiek, der eine Kaufsumme von 37.200 Mark zahlte. Bereits 1885 kam eine Turbine zum Einsatz. Niederschachtsiek legte 1892 ein Sägewerk an. 1893 stellte er in einem nördlich zum Mühlenbetriebsgraben gelegenen separaten Gebäude eine Kreis- und Horizontalgattersäge auf. Nach Niederschachtsieks Tod heirate er seine Tochter Anna Johanna Marie (* 11.06.1882) den Müller Heinrich Friedrich Wilhelm Vogt, der am 14. Februar 1870 in Fissenknick, Kreis Lippe geboren wurde. Die standesamtliche Heirat fand am 14.03.1901 in Vlotho statt. Wilhelm Vogt führte den Mühlenbetrieb dann weiter. Sie hatten sechs Kinder. Wilhelm verstarb sehr früh an Herzversagen, mit gerade 47 Jahren im Jahr 1917. Man fand ihn leblos im Chausseegraben sitzend in der Nähe der Niedernmühle in Kalldorf. Er war mit dem Fahrrad nach Langenholzhausen unterwegs. Von nun an führte die Witwe Johanne Vogt die Mühle fort.

1922 stellt die Witwe und Mühlenbesitzerin Johanne Vogt in Vlotho, Kreis Herford, einen Antrag auf Verleihung des Rechts zur Errichtung eines Wehrs in Station 1 + 20 des Forellenbaches in Vlotho.

 

 

Luftaufnahme vor 1927 - direkt unterhalb des großen Lagerhauses steht Vogts Mühle.

 

 

Auf dem Lageplan der Mühle Vogt von 1922 ist das Wehr des Mühlengrabens an der Weserstraße eingezeichnet. Hier gibt es einen Abzweig, den Betriebsgraben, welcher über das Grundstück der Holzhandlung Sievert (später Sturhan) verläuft, dann hinter der Stadtsparkasse (heute Stadtsparkasse) und schließlich im Bogen, an den Betriebsgebäuden des Zigarrenherstellers Tintelnot vorbei, um dann unter der Mühlenstraße auf das Wasserrad der Mühle (M.) und des Sägewerks (S.) Vogt zuzulaufen. Zur Ableitung von nicht benötigtem Wasser diente die Abschlagschleuse, deren Wasser im Bullerbach und später im Mühlenbach mündete.

 

 

In der Bildmitte die abgebrannte Mühle (Kornmühle und hinter gelegenes Wohnhaus) – das Sägewerk links mit Flachdach blieb vom Brand verschont - um 1929.

 

 

Dieser Stauwehr diente zur Umleitung des Forellenbaches in Richtung Klostermühle. Das Gebäude im Hintergrund ist das Textilgeschäft vom Hugo Finkhäuser an der Weserstraße, welches auch heute noch von einem Enkel Jürgen Finkhäuser betrieben wird. Dieses Bleistiftgemälde entstand um 1922 und wurde von dem Mindener Maler Ernst Höfer, der einige Jahre in Vlotho weilte, gemalt. Die Originalgröße ist im DIN A4-Format.

Sammlung: Gebrüder Oberhaus.

 

 

Die Mühle selbst brannte am 16. 7. 1928 ab, was vermutlich auf die Selbstentzündung von Getreide oder Mehlstaub zurückzuführen war. Trotz des schnellen Anrückens der Feuerwehr konnte das Inventar des Wohnhauses nur zum Teil gerettet werden. Die gesamte Einrichtung der Kornmühle, wie Maschinen, ein großer Elektromotor und Treibriemen, fielen dem Brand zum Opfer. Dennoch konnte die Feuerwehr Schlimmeres verhindern, so dass das Feuer nicht auf die Sägemühle und andere benachbarte Häuser überschlug. Hier erwies sich der Mühlrad-Speisegraben von großem Vorteil, der für die Spritzen das Wasser lieferte. Bis auf die Verletzung eines Feuerwehrmannes kam keiner zu Schaden. (Näheres siehe Bericht der Vlothoer Zeitung vom 17.07.1928).

 

Die Kornmühle und das Wohnhaus wurden nicht wieder aufgebaut. Von nun an konzentrierte sich das Geschäft auf den Betrieb des Sägewerkes. In der Vergangenheit waren Mühle und Sägewerk immer wieder von Überschwemmungen betroffen. Im Sägewerk wurden Bohlen und Bretter aus dem Holz gesägt, was einst die Flößer ans Weserufer brachten.

Die Witwe Johanne Vogt lebte 1936 in der Langen Str. 78 und verstarb im Juli 1950 mit 68 Jahren in der Mühlenstr. 11.

 

Friedrich Vogt Sägewerksbesitzer und letzter Müller

* Februar 1904 in Vlotho † 20. März 1959 in Vlotho

 

Manfred Niedernolte

(später Vogt)

Sägewerksbesitzer

* 03. Juni 1936

† 23. März 1999

 

 

Ihr Sohn Friedrich Vogt (* Februar 1904) übernahm das Sägewerk und wird im Adressbuch von 1927 bereits als Müller in der Mühlenstr. 10 aufgeführt. Der Sägewerksbesitzer Friedrich Vogt verstarb am 20. März 1959 in Vlotho, Herforder Str. 75. Er hinterließ seine Ehefrau Else Vogt geb. Kortemeier. Das Paar hatte keine leiblichen Kinder.

In dem Telefonbuch von 1959 wird Manfred Niedernolte als Inhaber des Sägewerks und Holzhandlung Fritz Vogt, Mühlenstr. 14, aufgeführt. Dieser ist der angenommene Sohn von Else Vogt geb. Kortemeier. Manfred Niedernolte (später Vogt) war der leibliche Sohn von Friedrich Vogts Schwester Hanna Paula (* 10.06.1915), die in erster Ehe mit Friedrich Niedernolte (oo 1934) und in zweiter Ehe mit August Brinkmeyer (oo 1951) verheiratet war. Manfred übernahm den Familiennamen Vogt.

 

 

Links Sägewerk Vogt an der Mühlenstraße Anfang der 1960er Jahre, die Sträucher und Bäume schlängeln sich an der Bachlinie, daneben die alte Trasse der stillgelegten Kleinbahn – in der Horizontalen verläuft die Mühlenstraße.

 

 

Sägewerk Vogt in Blickrichtung Rathaus und alte Weserbrücke. Foto: 1963.

 

Sägewerk Vogt in Blickrichtung Lange Straße. Foto: 1963.

 

 

 

Manfred Vogt, der letzte Besitzer, verkaufte den Besitz 1964 an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe, der die Sägemühle 1968 abbrechen ließ. Später war Vogt Gesellschafter und Geschäftsführer der ProForm GmbH sowie Geschäftsführer der Gebr. Brinkmeyer KG, Kieswerk Brinkmeyer GmbH & Co. KG und Brinkmeyer GmbH & Co. Kunststoffe KG.

Sitz der Firmen: Porta Westfalica.

Manfred Vogt (* 03.06.1934) verstarb am 23.03.1999 in Vlotho.

 

Stand: September 2015

 

Text: Olaf Schölzel