Haus Casselmann in Vlotho an der Langen Straße Nr. 32. Fotos: 1969.

Die Bilder wurden mir freundlicher Weise vom Bauernhaus-Museum in Bielefeld zur Verfügung gestellt.

 

 

Fortsetzung:

 

Handwerker, Schiffer und Fischer – eine bewegte Geschichte des Hauses

Lange Straße Nr. 32

 

Die Inschrift „Anno Domini 1568“ auf dem Türsturz am Giebel des Hauses aus Vlotho gibt einen Hinweis auf dessen hohes Alter. Das kleine Dielenhaus mit linksseitigem Wohnseitenschiff und schmalem Anbau an der Rückseite hat in der Tat eine bewegte Geschichte hinter sich. Obwohl es in der Stadt Vlotho als „Fischerhaus“ oder „Fischerhäuschen“ bekannt war und an der Langen Straße mit der Rückseite unmittelbar am Weserufer stand, dürfte es keinesfalls die gesamte Zeit seines Bestehens von Fischern bewohnt gewesen sein. In seiner Bauweise ähnelt es vielen anderen Häusern der kleinen, dicht bebauten Städte an der Weser.

 

Es ist noch nicht vollständig bekannt, wer im Einzelnen die Bewohner des kleinen Hauses waren, jedenfalls gehörte es bis 1814 der Witwe Henriette Kreuzer. Seit 1812 bewohnte sie das Haus gemeinsam mit dem Schiffer Johann Heinrich Casselmann. Schon er hat Fischerei betrieben, wohl als einziger Vlothoer Bürger zu seiner Zeit. Die Arbeitssituation war für Fischer in Vlotho damals eher ungünstig. Feste Fischfangvorrichtungen konnten an der Weser nicht angebracht werden, da sie die Durchfahrt von Schiffen behindert hätten. Somit war Fischfang nur im kleinen Umfang möglich. Hauptberuf Casselmanns war wohl die Schifffahrt – ein Berufszweig, der in Vlotho damals in voller Blüte stand. Um 1800 war ein Drittel der Einwohner in dieser Branche beschäftigt. Durch den Eisenbahnbau seit den 1840er Jahren (Strecke

Lange Straße Nr. 32

Foto: 1932.

Löhne/Hameln erst ab 1875) entwickelte sich das Geschäft jedoch rückläufig, sodass es 1864 nur noch zwei Schiffer in Vlotho gab und dementsprechend für die Familie Casselmann die Bedeutung der Fischerei als Broterwerb zunahm. Jedenfalls wird der Sohn des Johann Heinrich Casselmann, Christian Friedrich Reinhard Casselmann, 1885 als „erfahrener alter Fischer“ bezeichnet, „der mit seinen beiden erwachsenen [...] Söhnen allein und selbstständig die Fischerei ausübt“. Zwar werden die beiden Söhne Friedrich und Reinhard 1895/96 noch einmal als Schiffer genannt, aber die Fischerei muss die Haupteinnahmequelle gebildet haben. Fischer blieben auch die nachfolgenden Generationen der Casselmanns, zuletzt Fritz Casselmann (im Volksmund "Utjebabe Casselmann", der das Haus 1941 übernahm.

 

Text: Bauernhaus-Museum Bielefeld und www.gs-vlotho.de

 

 

 

Das Fischerhaus Casselmann steht seit 2005 auf dem Gelände des Bauernhaus-Museums in Bielefeld. Foto: 2010

 

 

Die Treppe zum Obergeschoss mit elf Stufen. Leider wurde nur ein Innenraum wieder hergerichtet (siehe links). Auf die anderen Räume und das Obergeschoss hat man leider verzichtet. Das rechte Foto zeigt die rechte Außenwand des Hauses. Beide Fotos: 2012.