Fortsetzung:
Handwerker, Schiffer und Fischer – eine bewegte Geschichte des Hauses
Lange
Straße Nr. 32
Die Inschrift „Anno Domini 1568“ auf dem Türsturz am Giebel des
Hauses aus Vlotho gibt einen Hinweis auf dessen hohes Alter. Das kleine
Dielenhaus mit linksseitigem Wohnseitenschiff und schmalem Anbau an der
Rückseite hat in der Tat eine bewegte Geschichte hinter sich. Obwohl es
in der Stadt Vlotho als „Fischerhaus“ oder „Fischerhäuschen“ bekannt war
und an der Langen Straße mit der Rückseite unmittelbar am Weserufer
stand, dürfte es keinesfalls die gesamte Zeit seines Bestehens von
Fischern bewohnt gewesen sein. In seiner Bauweise ähnelt es vielen
anderen Häusern der kleinen, dicht bebauten Städte an der Weser.
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Es ist noch nicht vollständig bekannt, wer im Einzelnen die Bewohner des
kleinen Hauses waren, jedenfalls gehörte es bis 1814 der Witwe Henriette
Kreuzer. Seit 1812 bewohnte sie das Haus gemeinsam mit dem Schiffer
Johann Heinrich Casselmann. Schon er hat Fischerei betrieben, wohl als
einziger Vlothoer Bürger zu seiner Zeit. Die Arbeitssituation war für
Fischer in Vlotho damals eher ungünstig. Feste Fischfangvorrichtungen
konnten an der Weser nicht angebracht werden, da sie die Durchfahrt von
Schiffen behindert hätten. Somit war Fischfang nur im kleinen Umfang
möglich. Hauptberuf Casselmanns war wohl die Schifffahrt – ein
Berufszweig, der in Vlotho damals in voller Blüte stand. Um 1800
war ein Drittel der Einwohner in dieser Branche beschäftigt.
Durch den
Eisenbahnbau seit den 1840er Jahren (Strecke |
Lange Straße Nr. 32
Foto: 1932. |
Löhne/Hameln erst ab 1875) entwickelte sich das Geschäft jedoch
rückläufig, sodass es 1864 nur noch zwei Schiffer in Vlotho gab
und dementsprechend für die Familie Casselmann die Bedeutung der Fischerei als Broterwerb zunahm. Jedenfalls
wird der Sohn des Johann Heinrich Casselmann, Christian Friedrich
Reinhard Casselmann, 1885 als „erfahrener alter Fischer“
bezeichnet, „der mit seinen beiden erwachsenen [...] Söhnen allein
und selbstständig die Fischerei ausübt“. Zwar werden die beiden
Söhne Friedrich und Reinhard 1895/96 noch einmal als Schiffer genannt,
aber die Fischerei muss die Haupteinnahmequelle gebildet haben. Fischer
blieben auch die nachfolgenden Generationen der Casselmanns, zuletzt
Fritz Casselmann (im Volksmund "Utjebabe Casselmann", der das Haus 1941 übernahm.
Text: Bauernhaus-Museum Bielefeld und www.gs-vlotho.de
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